6/10/2007

Harlem, Midtown und Bronx in einer Woche


In der letzten Woche ist einfach unheimlich viel passiert. Deshalb wird dieser Eintrag auch etwas länger...

Am Montag hatte ich meinen ersten Arbeitstag. Um 11 Uhr bin ich erst einmal gemütlich zur Arbeit gefahren, in der mich mein Arbeitskollege freundlich empfangen hat, mit dem Hinweis, dass mein Computer hinten links in der Ecke steht. Dabei deutete er auf drei Kisten. Das war also mein erste Job ... Computer auspacken und aufbauen :-)
Obwohl das Büro sehr klein ist, ist es nicht einengend, sondern eher gemütlich. Einen Hund gibt es auch, nämlich Kaiser Wilhelm, der wirklich ganz schön putzig ist, aber auch unheimlich verwöhnt wird. Meine Hauptaufgaben liegen im Moment vorranging im Bereich der Schauspieleragentur, also Breakdowns machen und die Kartei erneuern und gleichzeitig die Gesichter und Namen der vielen Schauspieler in der Kartei auswendig lernen. Sobald mein Chef zurück ist, hoffe ich, dass ich auch etwas für German Films, die amerikanische Repräsentation des deutschen Films, arbeiten darf.

Direkt nach dem ersten Tag, habe ich mich mit Frauke auch gleich auf den Weg gemacht, Harlem zu erkunden. Da man natürlich schon vorher gruselige Geschichten gehört hat, waren wir auch etwas ängstlich, als wir abends die einzigen "White Chicks" auf der Straße waren, oder auch "Snowwhites" oder "White Sistas", wie uns hinterher gerufen wurde. Obwohl viele Familien unterwegs waren, haben wir dann doch die Beine in die Hand genommen und sind schnell in ein Restaurant gegangen, in dem wir gutes Soul Food (african and southern states style) gegessen haben. Kellner Danny hat uns dann auch gleich noch in die Lenox Lounge, einer Jazz Bar mit Live-Musik mitgenommen. Großartig und einfach nur zu empfehlen. Wir sind danach, mutig wie wir waren, nach Hause gelaufen, was auch eher entspannt als aufregend von statten ging. Es ist also möglich nachts durch Harlem zu gehen, sollte seinen Mut aber nicht zu sehr auf die Probe stellen - gerade als männlicher Weißer.

Am Donnerstag haben wir es auch endlich gewagt und haben eine "Da muss man mal gewesen sein" Touristenattraktion auszutesten. Nach der Arbeit ging es direkt zum Empire State Building. Obwohl es Mitte in der Woche war und wir schon über die ESB-Seite Karten zum Selberausdrucken bestellt hatten, dauerte es dennoch eine Ewigkeit, bevor wir dann auf die Außenplattform durften. Ich muss allerdings sagen, dass der Ausblick den Aufwand entschädigt.
Leider mussten wir ca. 40 Minuten anstehen und konnten den Sonnenuntergang nicht erleben, aber Manhattan bei Nacht hat einen fantastischen Reiz. Mir ist auch vorher von vielen empfohlen worden, erst nach Einbruch der Dunkelheit auf das ESB zu gehen, da der Ausblick tagsüber weniger schön ist.

Am Freitag hatten wir dann unser zweites Seminar. Wir fuhren zu einer Grundschule in der Bronx. Was uns da erwartet hat, hat allen den Boden unter den Socken weggehauen. Alle Lehrer und der Rektor begrüßten uns überschwenglich. Im Treppenaufgang hingen zig deutsche und österreichische Flaggen, von den Schülern selbst gebastelt und zum Essen gab es u.a. zwei 2 Meter lange Sandwiches. Die Bronx gilt ebenfalls als Problemviertel, allerdings hat der Direktor einiges an Zeit und Geld in die Schule investiert, um den Schülern einen Ort zu bieten, der ihnen hilft etwas aus ihrem Leben zu machen und ihre Talente zu fördern. Beim Gang durch die Klassenräume war ich sehr erstaunt, wie schön und liebevoll die Kinder betreut werden und wie neugierig auch die Kinder auf die Germans waren, auch wenn sie nicht wissen, wo das Land liegt.

Am Samstag war ich, zusammen mit einer Freundin, gemütlich in Brooklyn unterwegs, wo wir durch die Bedford Street (Williamsburg) mit all ihren kleinen Vintage und Second Hand Lädchen flaniert sind. Brooklyn ist wirklich The Place to live. Gerade diese Gegend ist einfach nur schön ... gar nicht amerikanisch, eher europäisch hippiealike, aber wird leider auch immer beliebter und damit auch immer teurer.

Nach einer heißen Clubnacht, musste ich dann heute morgen auch schon wieder um 10 Uhr aufstehen, da wir uns vorgenommen hatten in die Kirche zu gehen. Ja ja, richtig gehört. Wir sind also in die W 120 st gefahren, um einen echten Gospel Gottesdienst mitzuerleben. Und auch hier sind unsere Erwartungen übertroffen worden. Da solch ein Gottesdienst bis zu 5 Stunden dauern kann, sind wir direkt auf den Balkon geführt worden, damit wir bereits anch 1,5 Stunden die Kirche verlassen konnten, ohne die Predigten zu stören. Alle Klischees, die man aus amerikanischen Filmen kennt, sind ebenfalls erfüllt worden - Gospelsänger mit großartiger Leadsängerin, Hallelujah rufende Gläubige etc. Sogar wir haben uns von dem Spirit anstecken lassen und habe zumindest versucht, einige Gospelsongs mitzusingen, was auch nicht so schwer war, da die Texte auf eine Riesenleinwand projiziert wurden (Gospel Karaoke like).
Aber eine Sache hat uns wirklich fast von den Sitzen rutschen lassen: der Prediger rief alle dazu auf aufzustehen, die das erste Mal in der Kirche sind. Das waren nunmal wir und andere Touris. Die Gemeindemitglieder sind aufgestanden und haben jedem einzelnen von uns die Hände gereicht und begrüßt. Sowas hatten wir nicht erwartet und im Leben noch nicht erlebt. Soviel Herzlichkeit und Glauben hat meine Sicht auf bestimmte Dinge im Leben sicher nachhaltig verändert. Und der Prediger hatte Recht: "Ihr werdet hier wieder rausgehen und nicht mehr dieselben sein" (so ungefähr hat er das formuliert).

Heute nachmittag habe ich dann auch eines der hiesigen Angebote des I.Houses wahrgenommen und bin in die Bronx zum Golfen gefahren .... Freestyle à la Driving Range (also kein Einlochen, sondern einfach nur Bälle abschlagen) hat unendlich Spaß gemacht. Ich denke, dass ich nicht das letzte Mal ein Eisen geschwungen habe :-)

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